Tannine sind eine chemische Verbindungen, die eine zentrale Rolle in der Natur und insbesondere in der Welt des Weins spielen. Sie gehören zur Familie der Polyphenole, eine Gruppe von Mikronährstoffen in Pflanzen, die für ihre antioxidativen Eigenschaften bekannt sind. Tannine finden sich in vielen Pflanzen und ihren Früchten, darunter Trauben, und sind maßgeblich an der Farbgebung, dem Geschmack und der Struktur vieler Weine beteiligt.

Was sind Tannine?

Tannine sind natürliche Polyphenole, die Pflanzen dazu dienen, sich vor Fressfeinden und Krankheiten zu schützen. Sie haben die einzigartige Fähigkeit, mit Proteinen zu reagieren und diese auszufällen, was in der Natur zur Abwehr von Herbivoren genutzt wird. Im Mund führt diese Eigenschaft zur charakteristischen adstringierenden, manchmal als „rau“ oder „trocken“ beschriebenen Empfindung, da sie mit den Proteinen im Speichel reagieren und diese präzipitieren.

Chemische Eigenschaften

Chemisch gesehen sind Tannine große Moleküle, die aus mehreren Phenol-Einheiten bestehen. Diese Struktur ermöglicht es ihnen, mit verschiedenen organischen Verbindungen, einschließlich Proteinen und anderen Polyphenolen, komplexe Bindungen einzugehen. Es gibt zwei Haupttypen von Tanninen: Hydrolysierbare Tannine, die bei Hydrolyse in Zucker und andere Phenolverbindungen zerfallen, und kondensierte Tannine, auch Proanthocyanidine genannt, die aus mehreren Flavonoid-Einheiten bestehen und nicht hydrolysiert werden.

Vorkommen in der Natur

In der Natur kommen Tannine in der Rinde, den Blättern, den Wurzeln, den Früchten und den Samen vieler Pflanzen vor. Ihre Konzentration kann je nach Pflanzenart, Umweltbedingungen und Entwicklungsstadium der Pflanze variieren. Tannine tragen zur Farbe und zum Geschmack von Obst und Gemüse bei und spielen eine wichtige Rolle in Ökosystemen, indem sie den Abbau von pflanzlichem Material beeinflussen.

Wie wir noch genauer sehen werden, sind Tannine beim Wein insbesondere in den Schalen, Kernen und Stielen der Trauben sowie im Eichenholz der Fässer, in denen einige Weine gereift werden, zu finden. Sie tragen zur Struktur, Farbe und zum Alterungspotenzial des Weins bei und sind ein Schlüsselelement in der Komplexität und dem Geschmackserlebnis von Rotweinen, können aber auch in einigen Weiß- und Orangeweinen präsent sein.

Tannine im Wein

Tannine prägen entscheidend den Charakter vieler Weine, indem sie zur Farbe, Struktur und zum Alterungspotential beitragen. Ihre Herkunft im Wein ist vielfältig, da sie aus verschiedenen Teilen der Traube sowie aus dem Weinherstellungsprozess selbst stammen können.

Traubenschalen (Primäre Quelle)

Die Schalen der Trauben sind die primäre Quelle für Tannine im Wein. Dies gilt insbesondere für Rotweine, bei denen die Schalen während der Gärung längere Zeit im Kontakt mit dem Most bleiben, was die Extraktion von Tanninen ermöglicht. Die Schalen enthalten nicht nur Farbstoffe, die dem Rotwein seine charakteristische Farbe verleihen, sondern auch Tannine, die dem Wein Struktur und Gerbstoffe hinzufügen. Die Menge und Art der Tannine in den Schalen können je nach Rebsorte erheblich variieren, was zu den unterschiedlichen Geschmacksprofilen von Rotweinen beiträgt.

Cabernet Franc Trauben
Das beste Tannin für einen schönen Wein befindet sich in den Traubenschalen.

Traubenkerne

Auch die Kerne der Trauben enthalten Tannine, allerdings sind diese oft herber als die aus den Schalen. Die Extraktion von Tanninen aus den Kernen geschieht ebenfalls während der Gärung, kann aber bei zu intensivem oder langem Kontakt zu einer unerwünscht harten oder bitteren Note im Wein führen. Deshalb kontrollieren Winzer den Mazerationprozess sorgfältig, um das richtige Gleichgewicht zwischen wünschenswerter Struktur und übermäßiger Herbheit zu finden.

Stiele

Die Stiele der Traubenbündel sind eine weitere Quelle von Tanninen, allerdings werden sie in der modernen Weinherstellung oft entfernt, um die Bitterkeit zu reduzieren. In einigen traditionellen Weinherstellungsverfahren, insbesondere bei der Produktion von einigen Rotweinen, können die Stiele jedoch beibehalten werden, um zusätzliche Tannine und eine gewisse Komplexität zu erzielen. Die Tannine aus den Stielen tragen zu einer anderen Art von Textur im Wein bei, die von einigen als rustikaler oder strukturierter beschrieben wird.

Eichenholzfässer

Nicht zuletzt sind Eichenholzfässer eine wichtige Quelle von Tanninen. Während der Reifung im Fass können Tannine aus dem Holz in den Wein übergehen und ihm zusätzliche Struktur sowie Geschmacksnoten wie Vanille, Gewürze oder geröstetes Brot verleihen. Die Art des Eichenholzes (z.B. französische oder amerikanische Eiche), das Alter des Fasses und die Dauer der Lagerung beeinflussen die Menge und Art der Tannine, die in den Wein übergehen. Eichenholztannine sind in der Regel weicher und runder als die Tannine aus den Trauben, was zur Gesamtkomplexität und zum Mundgefühl des Weins beiträgt.

Tannine Rotwein

Einfluss auf Geschmack und Textur

Tannine spielen eine entscheidende Rolle im Wein, sowohl während des Herstellungsprozesses als auch in der endgültigen Geschmacks- und Texturempfindung. Ihre Präsenz beeinflusst die Komplexität, Struktur und Langlebigkeit eines Weins auf vielfältige Weise.

Einfluss auf Geschmack und Textur

  • Adstringenz: Eines der bemerkenswertesten Merkmale von Tanninen im Wein ist ihr Beitrag zur Adstringenz, was oft als Trockenheitsgefühl im Mund beschrieben wird. Dieser Effekt entsteht, weil Tannine die Proteine im Speichel binden und ausfällen, was zu einem charakteristischen „zusammenziehenden“ Gefühl auf der Zunge und den Wangen führt.
  • Komplexität und Struktur: Tannine verleihen dem Wein nicht nur Textur, sondern auch Komplexität. Sie sind teilweise verantwortlich für das, was als „Rückgrat“ oder Struktur eines Weins bezeichnet wird – eine wesentliche Qualität, die besonders bei Rotweinen geschätzt wird. Weine mit gut integrierten Tanninen erscheinen ausgewogener und haben ein größeres Alterungspotential.
  • Mundgefühl: Neben der Adstringenz können Tannine auch ein samtiges oder raues Mundgefühl erzeugen, abhängig von ihrer Konzentration und Reife. Junge Tannine fühlen sich oft härter an, während gereifte Tannine eine weichere, rundere Textur bieten.

Weinherstellung

Das Management von Tanninen ist ein kritischer Aspekt der Weinherstellung, der sowohl die unmittelbare Trinkbarkeit als auch das langfristige Alterungspotential des Weins beeinflusst. Winzer setzen verschiedene Techniken ein, um den Tanningehalt zu steuern, und verstehen, wie Tannine sich während der Lagerung entwickeln, um die gewünschte Balance und Komplexität in ihren Weinen zu erreichen.

Techniken zur Tanninextraktion

  • Mazeration: Die Länge und Art der Mazeration, also die Zeit, in der der Saft mit den Traubenschalen, -kernen und -stielen in Kontakt bleibt, beeinflusst maßgeblich die Menge der extrahierten Tannine. Eine längere Mazeration führt zu mehr Tanninen im Wein, während kürzere Mazerationen einen weicheren, weniger tanninreichen Wein erzeugen.
  • Kaltmazeration: Vor der alkoholischen Gärung kann eine Kaltmazeration bei niedrigen Temperaturen durchgeführt werden, um die Fruchtaromen zu verstärken und die Extraktion von Tanninen zu mildern.
  • Pump-over und Punch-down: Während der Gärung können Techniken wie das Überpumpen (Pump-over) oder das Herunterstoßen des Tresterhuts (Punch-down) angewendet werden, um die Intensität der Tanninextraktion zu steuern. Diese Methoden helfen, den Kontakt zwischen dem Most und den festen Bestandteilen zu regulieren.
  • Einsatz von Eichenholzfässern: Die Reifung in Eichenfässern kann nicht nur zur Geschmacksbildung beitragen, sondern auch Tannine aus dem Holz in den Wein überführen. Die Art des Holzes, das Alter des Fasses und die Dauer der Reifung sind entscheidende Faktoren für den Einfluss auf den Tanningehalt.

Alterung und Tannine

  • Weichwerden der Tannine: Mit der Zeit tendieren die Tannine im Wein dazu, sich zu „verrunden“ und weicher zu werden. Dieser Prozess reduziert die anfängliche Adstringenz und führt zu einem geschmeidigeren Trinkerlebnis.
  • Entwicklung der Komplexität: Während der Flaschenreifung können Tannine mit anderen Molekülen im Wein reagieren, was zur Bildung neuer Aromen und zur zunehmenden Komplexität des Weins beiträgt.
  • Stabilisierung des Weins: Tannine wirken als natürliche Antioxidantien, die den Wein vor Oxidation schützen und sein Lagerpotential verlängern. Weine mit einem hohen Tanningehalt können oft über Jahrzehnte hinweg reifen und sich entwickeln.

Weine mit Tannin

Tannine spielen vor allem beim Rotweinen eine wichtige Rolle, wo sie in signifikanten Mengen vorkommen. Beim Weisswein spielen Tannine eine untergeordnete Rolle, bestimmte Verarbeitungsmethoden können aber auch beim Weißweinen zu einem gewissen Tanningehalt führen.

Rotweine

Rotweine sind für ihren höheren Tanningehalt bekannt, da die Tannine vor allem während der Mazeration, wenn der fermentierende Saft mit den Traubenschalen, -kernen und Stielen in Kontakt ist, extrahiert werden. Der Tanningehalt in Rotweinen führt zu einer stärkeren Adstringenz und einem robusteren Mundgefühl. Weine mit einem hohen Tanningehalt haben oft eine größere Komplexität und ein längeres Alterungspotenzial. Die Tannine verleihen ein Gefühl von Trockenheit und strukturieren den Wein.

  • Cabernet Sauvignon: Dieser Wein ist bekannt für seinen hohen Tanningehalt, der ihm eine ausgeprägte Struktur verleiht. Die Tannine tragen zu einem kräftigen Mundgefühl bei und ermöglichen eine lange Alterung.
  • Syrah/Shiraz: Auch Syrah weist oft einen hohen Tanningehalt auf, der dem Wein ein reiches, volles Mundgefühl verleiht und ihn zum idealen Begleiter für proteinreiche Speisen macht.
  • Nebbiolo: Bekannt für die Herstellung von Weinen wie Barolo, hat Nebbiolo besonders hohe Tannine, die ein markantes adstringierendes Gefühl und ein enormes Alterungspotenzial verleihen.

Weißweine

Weißweine unterziehen sich in der Regel keiner oder nur einer sehr kurzen Mazeration, was bedeutet, dass sie wesentlich weniger Tannine enthalten als Rotweine. Dennoch gibt es Ausnahmen:

  • Orangeweine: Durch die längere Mazeration von weißen Trauben mit ihren Schalen enthalten Orangeweine merkliche Tannine, die ihnen eine ungewöhnliche Textur und Komplexität für einen Weißwein verleihen.
  • Weißweine mit Holzausbau: Einige Weißweine, die in Eichenfässern fermentiert oder gereift werden, können geringe Mengen an Tanninen aus dem Holz aufnehmen, die zur Textur und Komplexität des Weins beitragen.

Trinkerlebnisses

Für ein ausgewogenes Genusserlebnis von tanninreichen Weinen ist ein pairing mit den richtigen Speisen entscheidend. Tanninhaltige Rotweine profitieren oft auch von einer Dekantierung.

Pairing mit Speisen

  • Reichhaltige, proteinreiche Gerichte: Tanninreiche Weine passen hervorragend zu fetthaltigen und proteinreichen Speisen. Das Protein und Fett im Essen können die Adstringenz der Tannine mildern, wodurch der Wein weicher erscheint. Beispiele sind Steaks, Lamm, Wild und gereifte Käsesorten.
  • Grillgerichte: Das Röstaroma von gegrilltem Fleisch passt hervorragend zu den oft holzigen oder rauchigen Noten, die in Weinen mit hohem Tanningehalt durch Eichenfassreifung entstehen können.
  • Gerichte mit kräftigen Saucen: Speisen, die mit kräftigen, würzigen oder tomatenbasierten Saucen serviert werden, können gut mit tanninreichen Weinen harmonieren, da die Säure der Sauce die Adstringenz des Weins ausgleichen kann.
  • Vermeiden Sie leichte oder zarte Speisen: Leichte Gerichte, insbesondere solche mit wenig Protein, können von tanninreichen Weinen überwältigt werden. Die Tannine können das Essen bitter oder metallisch schmecken lassen.

Optimierung des Trinkerlebnisses

  • Dekantierung: Tanninreiche Weine profitieren oft von der Dekantierung, da dieser Prozess es dem Wein erlaubt, sich zu „öffnen“ und die Tannine zu mildern. Das Belüften eines Weins durch Dekantierung kann harte Tannine weicher machen und das Aroma sowie den Geschmack des Weins verbessern.
Tanninreiche Rotweine dekantieren.
Besonders junge, tanninreiche Rotweine können von etwas Luft profitieren.
  • Serviertemperatur: Die richtige Serviertemperatur ist entscheidend, um die besten Eigenschaften eines Weins hervorzuheben. Für Rotweine mit hohem Tanningehalt liegt die ideale Temperatur in der Regel zwischen 16°C und 18°C. Zu warm serviert, können die Tannine übermäßig dominant wirken; zu kalt, können sie harsch und bitter erscheinen.
  • Glaswahl: Ein Weinglas mit größerem Volumen ist für tanninreiche Rotweine empfehlenswert, da es die Aromen besser zur Geltung bringt und eine angemessene Belüftung des Weins ermöglicht. Ein Glas mit breiterer Öffnung erlaubt es, den Wein beim Trinken zu schwenken, was zusätzlich zur Belüftung beiträgt.
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